Indigene und Bauern gegen Bergbau in Guatemala

98 Prozent stimmen gegen Abbau von Bodenschätzen. Großdemonstration für Stillegung laufender Vorhaben und Verstaatlichung der Stromversorgung

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Vor einem Wahllokal in Jalapa am Sonntag
Vor einem Wahllokal in Jalapa am Sonntag

Jalapa, Guatemala. In der Gemeinde Jalapa im Südosten von Guatemala hat eine seit langem vorbereitete Volksabstimmung über Bergbauprojekte stattgefunden. Zur Abstimmung stand die Frage: "Sind Sie damit einverstanden, dass auf dem Gebiet der Gemeinde Jalapa Aktivitäten zur mechanischen und chemischen Gewinnung von Edelmetallen verrichtet werden: Ja oder Nein?" Das Resultat war eindeutig: Nach Angaben des Bürgermeisters von Jalapa, Élmer Guerra, sprachen sich 98 Prozent der insgesamt 24.500 Wahlberechtigten dagegen aus.

In Guatemala sind in den vergangenen fünf Jahren über 60 Abstimmungen auf Gemeindeebene mit über einer Million Beteiligten durchgeführt worden, meist jedoch ohne die Mitwirkung der Behörden. In Jalapa handelte es sich jetzt um eine offizielle Volksbefragung. Ob der Wille der Bevölkerung von der Regierung Guatemalas und von den internationalen Bergbaukonzernen respektiert wird, bleibt abzuwarten. Einen rechtsverbindlichen Charakter hat sie nicht.

In Jalapa ist es wiederholt zu Konflikten im Zusammenhang mit Bergbauprojekten gekommen. Die Bewohner befürchten Umweltverschmutzungen sowie die Verseuchung des Trinkwassers und sehen ihre Gesundheit bedroht. Im April dieses Jahres protestierte die lokale Bevölkerung gegen die Erteilung der Lizenz zur Ausbeutung der Mine San Rafael an die kanadische Minenfirma Tahoe Resources. Angestellte des Sicherheitsdienstes schossen auf die Demonstrierenden und verletzten sechs von ihnen. Als Präsident Otto Pérez Molina die Lizenzvergabe an Tahoe Resources erneut bestätigte, blockierten Demonstranten mehrere Straßen in der Region. Fahrzeuge von Polizeipatrouillen brannten, ein Polizist und ein Demonstrant kamen bei den Zusammenstößen ums Leben. Die Regierung von Ex-General Pérez Molina verhängte daraufhin den Ausnahmezustand über mehrere Gemeinden von Jalapa. Im Juli kündigte Pérez Molina schließlich ein Moratorium für zwei Jahre an, in denen keine weiteren Lizenzen für den Bergbau im Land vergeben werden dürfen. Nach Angaben des Energie- und Bergbauministeriums waren am 1. Oktober dieses Jahres 75 erteilte Lizenzen zur Erkundung und 33 zum Abbau von Metallen registriert, 350 weitere Gesuche liegen noch zur Genehmigung vor.

Am vergangenen Mittwoch protestierten erneut Tausende Indigene und Bauern in Guatemala-Stadt gegen den Bergbau in dem zentralamerikanischen Land. Im Aufruf des Bauernkomitees für Entwicklung (Codeca) zur Demonstration heißt es, dass sich immer mehr Umweltschützer, Bauern und Indigene gemeinsam gegen den Bergbau zur Wehr setzen, da sie eine Gefährdung der natürlichen Ressourcen und der Umwelt sehen. "Es scheint, dass die Gefahren für die Gesundheit der Menschen und die Beschädigung unserer Ressourcen die Regierung nicht interessieren". Die fortgesetzten Plünderungen der natürlichen Ressourcen der Nation müssten beendet werden. Die Politik der Vergabe von Bergbau-Konzessionen führe zur Zerstörung eines an Mineralien reichen Staates und nicht zu wirtschaftlichem und sozialen Fortschritt, wie die Regierung es darstelle, so Codeca. Der Staat müsse ein Gesetz zum Schutz der ländlichen Gebiete und für wirtschaftliche Nachhaltigkeit einführen.

An der Protestaktion beteiligten sich mehrere Tausend Indigene und Bauern aus 20 der 22 Bezirke des Landes. Sie forderten auch die Verstaatlichung der Stromversorgung. Diese liegt bislang in den Händen britischer und kolumbianischer Unternehmen. Die Preise seien überhöht und die Konzerne würden sogar Geld für öffentliche Beleuchtung an Orten verlangen, wo es nicht einmal Lichtmasten gibt. Die Verstaatlichung müsse eine Priorität für die Regierung von Präsident Otto Pérez Molina sein, so die Demonstrierenden. Sie forderten außerdem ein Ende der Kriminalisierung sozialer Proteste.