Gericht: Aussagen unter Folter kein Beweis in Mexiko

Laut Human Rights Watch (HRW) sind Schläge und Elektroschocks allgemeine Verhörpraktiken des Militärs

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Kampagne Israel Arzate Meléndez
Israel Arzate, eines von 170 Folteropfern des mexikanischen Militärs

Mexiko-Stadt. Der Oberste Gerichtshof Mexikos hat Beweise, die durch Folter erzwungen wurden, für unzulässig erklärt und die umgehende Freilassung von Israel Arzate Meléndez angeordnet. Eine umfassende Urteilsbegründung steht zunächst noch aus.

Laut einer Pressemitteilung von Human Rights Watch (HRW) wurde Israel Arzate Meléndez am 3. Februar 2010 von Militärs in Ciudad Juarez willkürlich verhaftet und gefoltert. Er war beschuldigt worden, am 31. Januar 2010 an der Ermordung von 18 Studierenden beteiligt gewesen zu sein. Am 6. November erachtete der Oberste Gerichtshof in Mexiko die durch Menschenrechtsverletzungen erlangten Beweismittel in Gerichtsverfahren als gegenstandslos.

Nach mehrmaliger Folter hatte Arzate ein Geständnis abgelegt, das mit einem von den verhörenden Beamten angefertigten Bericht deckungsgleich ist. Dem Geständnis nach soll Arzate am Massaker im Stadtteil Villas de Salvárcar in Ciudad Juarez beteiligt gewesen sein und weitere Morde verübt haben. In Untersuchungshaft musste Arzate, entgegen aller rechtlichen Bestimmungen, mehr als drei Jahre auf den Prozess warten, da der zulässige Zeitraum von sechs Monaten wiederholt verlängert wurde.

Das Eingeständnis der mexikanischen Regierung, dass die Geständnisse Arzates durch Verletzungen seiner Rechte zustande gekommen sind, sei lang überfällig, sagte der Direktor des amerikanischen HRW, José Miguel Vivanco. Diese hätten niemals als Beweis angeführt werden dürfen.

Nach Meinung Vivancos sollte das Gericht, in Anlehnung an das Urteil, ein klares und eindeutiges Zeichen setzen und ein Verbot der Verwendung von folterbelasteten Beweisen in Mexikos Justizsystem gesetzlich verankern.

Der Fall Arzate ist nur einer von 170, in denen Folter zur Beweisermittlung angewendet wurde und die HRW im Bericht vom November 2011: "Weder Rechte noch Sicherheit", untersucht hat. Darin wird die systematische Anwendung von Folter durch mexikanische Sicherheitskräfte und Regierungsbeamte dokumentiert, die in den fünf konfliktreichsten mexikanischen Bundesstaaten mit der Drogenkriminalität konfrontiert sind.

Laut der Tageszeitung La Jornada gibt es weitere Anstrengungen seitens der Staatsanwaltschaft des Bundesstaats Chihuahua, Arzate erneut festzunehmen. Familienangehörige der ermordeten Studierenden halten Arzate für schuldig und fordern seine Verurteilung. Sie sind der Meinung, dass sich einige Menschenrechtsorganisationen zu Förderern der Straflosigkeit gewandelt haben und Kriminelle schützen würden. Dagegen begrüßen HRW, Amnesty International und viele mexikanische Menschenrechtsorganisationen öffentlich die Entscheidung des Gerichts. Damit sei endlich umgesetzt worden, worauf nationale und internationale Instanzen wiederholt hingewiesen hätten.