Konflikte in venezolanischen Staatsbetrieben

Arbeiter protestieren "gegen Bürokratie und Korruption". Forderung nach Arbeiterkontrolle

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"Arbeiterkontrolle oder Nichts" - Transparent am Fabrikzaun von Industrias Diana
"Arbeiterkontrolle oder Nichts" - Transparent am Fabrikzaun von Industrias Diana

Caracas. Arbeiter und Bauern haben am vergangenen Mittwoch begonnen, Einrichtungen des staatlichen Landmaschinen- und Transportunternehmens Pedro Camejo im westlichen Bundesstaat Yaracuy zu besetzen. In einer Pressemitteilung dazu hieß es, der Protest richte sich gegen die Unternehmensleitung, die es versäumt habe, notwendige Maschinenteile anzuschaffen. Damit gefährde sie die bevorstehende Ernte. Die Arbeiter fordern die Entlassung der Betriebsleitung und die Selbstverwaltung durch den Arbeiterrat. Die Besetzung wird von verschiedenen Basisgruppen und der "Kommune Hugo Chávez Frías" sowie vom örtlichen Bürgermeisterkandidaten der Vereinten Sozialistischen Partei (PSUV) unterstützt.

In den vergangenen Monaten kam es vermehrt zu Konflikten in Staatsbetrieben. Arbeiter forderten die Absetzung der Unternehmensleitungen und die Einführung der Arbeiterkontrolle.

In einem der wichtigsten Betriebe im Nahrungsmittelsektor, Lácteos Los Andes, erreichten die Arbeiter nach monatelangen Protesten, dass die Regierung die Unternehmensleitung entlassen und den Betrieb unter Arbeiterkontrolle gestellt hat.

Das Unternehmen war 2008 vom damaligen Präsidenten Hugo Chávez nationalisiert worden und versorgte bislang rund 17 Millionen Venezolaner mit Milch, Käse, Joghurt, Margarine und Fruchtsäften. Die Produktion war in den vergangenen fünf Monaten jedoch um 40 Prozent gesunken. Im Unternehmen mangelte es an Grundstoffen für die Produktion sowie an Lkws für die Auslieferung. Das Management hatte Schulden bei Zulieferern angehäuft und die vorhandenen Finanzmittel nicht in die Produktion und die notwendige Instandhaltung des Betriebs investiert. Stattdessen waren die Gelder in die Schaffung von 30 neuen Verwaltungsposten und Lohnerhöhungen für die leitenden Angestellten geflossen. Die Arbeiter machten dafür auch den Minister für Ernährung, Felix Osorio, verantwortlich. Dieser habe trotz wiederholter Hinweise der Arbeitervertreter auf Unregelmäßigkeiten nicht eingegriffen. Sie warfen der Unternehmensleitung vor, absichtlich einen Bankrott herbeiführen zu wollen, um den Staatsbetrieb dann "an die Bourgeoisie zu übergeben, die aus dem Recht auf Nahrung ein Geschäft gemacht hat".

Bei einem Treffen am vergangenen Dienstag im Präsidentenpalast Miraflores legte eine Delegation der Los Andes-Arbeiter ihre wichtigsten Anliegen und Forderungen vor und forderte auch die Einleitung von verwaltungs-, zivil- und strafrechtlichen Ermittlungen gegen die Betriebsleitung. Präsident Maduro entschied daraufhin, das Management zu entlassen und einen von der Belegschaft gewählten Arbeiterpräsidenten einzusetzen. Seine Regierung sagte außerdem zu, alle für die Produktion und Distribution notwendigen Mittel bereitzustellen.

Zuvor hatten sich bereits die Arbeiter des Speiseölherstellers Industrias Diana gegen Minister Osorio gestellt, der ohne vorherige Konsultation der Arbeiter einen Geschäftsmann zum Leiter des Unternehmens ernannt hatte. Sie verweigerten dem neu eingesetzten Chef und seinem Stab den Zutritt, besetzten den Betrieb und führten ihn in Eigenregie weiter. Sie erreichten schließlich, dass Präsident Maduro die Entscheidung Osorios revidierte und einen von den Arbeitern akzeptierten Betriebsleiter einsetzte.

Auch Mitarbeiter des staatlichen Lebensmittelvertriebs PDVAL demonstrierten Mitte vergangener Woche vor dem Präsidentenpalast, um gegen ihre Arbeitsbedingungen und die Behandlung durch das Management zu protestieren. Die Arbeiter beklagten, dass es für sie keinen Tarifvertrag gebe und sie die Lohnerhöhung für die Staatsangestellten nicht erhalten hätten. Die PDVAL-Arbeiter haben sich seitdem zwar mit dem Management getroffen und einige Vereinbarungen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen getroffen. Sie richteten dennoch einen Brief an Präsident Maduro, in dem sie ausführen, dass die jüngsten Vorfälle bei Lácteos Los Andes, PDVAL und Industrias Diana nicht isoliert betrachtet werden können: Es gebe eine "rot gekleidete fünfte Kolonne" in staatlichen Unternehmen, die den bolivarischen Prozess sabotiere, warnen die Arbeiter.