Kolumbien / Politik

Kolumbien: Landreform bestimmt Friedensgespräche

FARC-Rebellen werfen Regierung "verlogene Medienkampagne" vor. Internationale Kommission soll Verantwortliche für Landraub identifizieren

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FARC-Sprecher Ricardo Tellez (Mitte)
FARC-Sprecher Ricardo Tellez (Mitte)

Havanna/Bogotá. Die Delegation der kolumbianischen FARC-Guerilla bei den laufenden Friedensgesprächen in Kuba hat erneut einen Vorschlag zum Thema Landreform vorgelegt. Zugleich warf sie der Regierung von Präsident Juan Manuel Santos vor, die Großgrundbesitzer zu schützen, indem sie die Guerilla beschuldigt, das Land der Bauern an sich zu reißen.

Hintergrund der Initiative ist die Behauptung der Regierung, die Rebellen hätten Bauern von ihrem Land vertrieben und mehr als 500.000 Hektar Land geraubt. Präsident Santos hatte vergangene Woche, begleitet von einem großen Medienaufgebot, in San Vicente del Caguán Land an einige Bauern vergeben, das angeblich von den FARC widerrechtlich angeeignet und von ihren Kommandanten genutzt worden war. Der Auftritt von Santos fand genau zehn Jahre nach dem Abbruch der letzten Friedensgespräche zwischen FARC und Regierung in San Vicente del Caguán statt.

Die Rebellen warfen daraufhin der Regierung vor, sie führe eine "verlogene Medienkampagne, um der notwendigen Agrarreform auszuweichen". In einem in Havanna verbreiteten Kommuniqué sagen sie, es müsse "ein alternativer Kataster der Vertreibung und gewaltsamen Umsiedlung" durchgeführt werden. Dies solle unter internationaler Aufsicht und mit Beteiligung der ländlichen Gemeinden geschehen. Eine hochrangige Kommission aus Vertretern der Internationalen Gemeinschaft, der Guerilla, der Regierung und sozialer Organisationen solle die reale Situation des angeblich durch die Guerilla enteigneten Landes überprüfen, mit möglichen Opfern zusammentreffen und sich ihrer Fälle annehmen. Ebenso müssten aber die Opfer des Staates, die des Militärs und von Vertriebenen durch Paramilitärs gehört werden.

Der Kataster ist die flächendeckende Beschreibung sämtlicher Parzellen eines Landes, in der die geometrische Lage, die baulichen Anlagen, die Art der Nutzung und die Größe erfasst sind.

In dem Kommuniqué, das FARC-Delegationsmitglied Ricardo Tellez verlas, heißt es: "Die Modernisierung und Aktualisierung der Systeme für Kataster und Grundbucheintragung muss ein Instrument für die Demokratisierung des Landbesitzes, seiner notwendigen Entflechtung und der umfassenden Entschädigung der Opfer des Konflikts sein". Die Erhebung müsse Territorien der Bauern, der verschiedenen indigenen und afrokolumbianischen Gemeinden, Großgrundbesitz und andere große Besitzungen von Ländereien einschließen. 

Der Generalstab der FARC hat sich inzwischen ebenfalls zu den Behauptungen der Regierung geäußert. Eine neue Vertreibungswelle sei zu befürchten, begleitet von der Kriminalisierung der Bauern, die seit Jahrzehnten das Land in Besitz haben. Sie würden von der Regierung zu "Strohmännern" von Eigentum erklärt, dessen Landtitel nicht einmal existieren, so die Rebellen in einer Erklärung vom 26. Februar. Darin fordern sie außerdem ebenfalls die sofortige Einberufung einer internationalen Kommission. Sie solle schnellstmöglich einen Bericht über die angeblichen Besitztümer und mutmaßlichen Strohmänner der Guerilla erstellen. Vertreter der Gemeinschaft Lateinamerikanischer und Karibischer Staaten (Celac) und der frühere US-Präsident James Carter sollten sich ebenso daran beteiligen.

Präsident Santos hatte in der vergangenen Woche damit gedroht, die Verhandlungen mit den Rebellen abzubrechen, wenn die Gespräche nicht voran gingen. In einem Interview mit der konservativen französischen Tageszeitung Le Figaro Anfang dieser Woche sagte er jedoch, der Dialog mit den FARC "geht in eine gute Richtung". Er wolle kein Datum für ein Ende der Verhandlungen nennen, aber ein solcher Prozess könne nicht mehrere Jahre dauern. "Wir sind vorangekommen in Kuba", so Santos. Zu den mehr als 40 von den FARC seit Beginn der Friedensgespräche eingebrachten Vorschlägen äußerte er sich nicht.