Kolumbien

Kolumbianer wählen nicht

Wahlenthaltung lag bei 66 Prozent. Verzögerungen bei der Stimmenauszählung

Bogotá. Die gestrigen Wahlen für das Abgeordnetenhaus und den Senat in Kolumbien waren von einer starken Wahlenthaltung geprägt. Knapp 60 Prozent der 30 Millionen Wahlberechtigten verzichteten ganz darauf, ihr Wahlrecht auszuüben. Von den abgegebenen Stimmen waren außerdem 10 Prozent nicht ausgefüllt oder ungültig, womit sich die tatsächliche Wahlbeteiligung auf etwa 33 Prozent reduziert. Dies ist für Kolumbien ein historischer Tiefststand.

Bei der Auszählung kommt es zu ungewöhnlichen Verzögerungen. Während die Stimmen für den Senat bereits zu 95 Prozent ausgezählt sind, legte die Nationale Registrierungskommission bis Montag 20.00 Uhr (Ortszeit) noch keine Ergebnisse für das Abgeordnetenhaus vor. Dies ist das erste Mal seit 20 Jahren, dass es bei Auszählungen in Kolumbien zu derartigen Verspätungen kommt. Innenminister Fabio Valencia warnte am Montag, eine weitere Verzögerung könne Zweifel an der Legitimität des Wahlprozesses und "schwere politische Spannungen" verursachen.

Überschattet ist der Wahlgang von Vorwürfen, dass Kandidaten im großen Umfang Stimmen gekauft hätten. In einem ersten Kommentar der Mission der Wahlbeobachtung (MOE) heißt es, noch nie seien Stimmen so offen und breit angelegt gekauft worden. Bei dem eingerichteten Notruftelefon seien am gestrigen Wahlsonntag "alle drei Minuten" Beschwerden eingegangen.

Die 13 Millionen Kolumbianer, die ihr Wahlrecht ausübten, scheinen nach ersten Erhebungen konservativ gewählt zu haben. Die Partei der Einheit von Präsident Álavaro Uribe und die Konservativen kommen zusammen auf etwa 47 Prozent der Stimmen, die rechte Partei der Nationalen Integration und Radikaler Wechsel erhalten jeweils über sieben Prozent. Die linke Sammlungsbewegung Polo Democrático Alternativo (PDA) muss wahrscheinlich Verluste hinnehmen und ist als sechststärkste Partei zur kleinsten parlamentarischen Kraft geworden.

Auch für die politisch wichtigen Vorwahlen der Konservativen Partei liegt zur Stunde noch kein offizielles Ergebnis vor. Nach ersten Presseberichten liegen der ehemalige Landwirtschaftsminister Andrés Felipe Arias und die ehemalige Außenministerin Noemí Sanín etwa gleichauf. Während Arias sich bei den Präsidentschaftwahlen am 29. Mai als Vizepräsident für den designierten Uribe-Nachfolger Manuel Santos zur Verfügung stellen will, hat Noemí Sanín während des Wahlkampfes betont, dass eine Unterstützung für das Uribe-Lager kein Automatismus sei. Sollte sie in den Vorwahlen gewinnen und selber als Präsidentschaftskandidatin antreten, würde dies zu einer Spaltung der konservativen Wählerschaft führen.