Kolumbien

Kolumbien: Urteil wegen politischer Morde

Oberst wegen Verschleppung von elf Zivilisten in Haft. Scheidender Präsident Uribe mischt sich ein

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Kolumbien: Urteil wegen politischer Morde
Folgenschwere Erstürmung des Justizpalastes in Bogotá 1985

Bogotá. In Kolumbien ist ein führender Militär wegen der Verschleppung von elf Menschen schuldig gesprochen worden. Ein Zivilgericht verurteilte Oberst Alfonso Plazas Vega Mitte vergangener Woche zu 30 Jahren Freiheitsentzug. Die Opfer verschwanden 1985 bei militärischen Operationen unter Plazas Vegas Leitung, nachdem die Guerillaorganisation M-19 den Justizpalast besetzt hatte. Der wegen seiner Brutalität umstrittene Militäreinsatz forderte rund 100 Tote, neben Guerilleros auch höchste Richter des Landes. "Ich bin hier, um die Demokratie zu verteidigen, mein Lieber", hatte der nun verurteilte Militär einem Reporter während der Aktion gesagt.

Die meisten der elf offiziell als "vermisst" geltenden Zivilisten arbeiteten in der Cafeteria. Sie seien aus dem Gebäude abgeführt, in verschiedene Militärstützpunkte verschafft und dort gefoltert worden, berichteten Augenzeugen aus dem Militär. Der Exsoldat Édgar Villamizar beschrieb der Staatsanwaltschaft, wie Plazas Vega über die Verhafteten sagte: "Hängen Sie die Hurensöhne". Seine Kameraden hätten die Opfer an den Händen aufgehängt, geschlagen und mit Elektroschocks gefoltert. Ebenso hätte Villamizar mitbekommen, wie zwei von ihnen bei der Folter starben und anschließend auf dem Gelände des Militärstützpunktes begraben wurden.

Laut der offiziellen Version von Regierung und Militär gab es keine Verschwundenen, sondern nur Opfer, die von der Guerilla hingerichtet wurden. Eine gemeinsame Anklage der Angehörigen der Verschwundenen im Jahr 1990 bezeichnete die damalige Regierung als "beleidigend gegenüber der nationalen Würde". Seit der Prozess 2005 wieder eröffnet wurde, sind die Kläger und ihre Anwälte immer wieder bedroht worden, erklärte das Juristenorganisation "José Alvear Restrepo". Auch die zuständige Staatsanwältin und die Richterin hätten fortwährend Drohungen von paramilitärischen Banden erhalten.

Der scheidende Präsident Alvaro Uribe äußerte sein Bedauern wegen des Gerichtsentscheids zu "einem Mitglied der Streitkräfte, das nur versucht hat, seiner Pflicht nachzugehen." Er halte es für notwendig, neue Gesetze zu verabschieden, die solche Vorgehensweisen gegenüber dem Militär verhindern, fügte der ultrarechte Politiker an. Bei einer Pressekonferenz verurteilten die Familienangehörigen der Opfer Uribes Äußerungen. Sie seien respektlos gegenüber den Opfern und verschlimmerten ihre eigene Sicherheitslage. Fall ihnen etwas zustieße, seien das Militär und der Präsident dafür verantwortlich.


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