Honduras

Politische Verfolgung nach Putsch

Honduras: Haus von Abgeordnetem gestürmt, Minister der Regierung Zelaya inhaftiert. FDP-nahe Stiftung spricht von "Rückkehr zu Rechtsstaat"

Tegucigalpa/Berlin. Im Verlauf des Militärputsches in Honduras geht das Militär mit zunehmender Brutalität gegen Anhänger des gewählten Präsidenten Manuel Zelaya vor. Wie die Polizei des mittelamerikanischen Landes in der Nacht zum Montag bestätigte, haben Soldaten das Haus des Kongressabgeordneten der linksgerichteten Partei der Demokratischen Einheit (PUD), Cesar Ham, angegriffen. Dabei soll es zu einem Schusswechsel gekommen sein.

Unklar ist das Schicksal des PUD-Vorsitzenden. Die mexikanische Nachrichtenagentur Notimex berichtete vom Tod des Putschgegners. Nach anderen Quellen konnte der 50-Jährige fliehen und untertauchen. Ein Großteil der Kabinettsmitglieder von Präsident Zelaya wurde indes verhaftet. Die Lage in dem mittelamerikanischen Land ist nach wie vor unübersichtlich. Ein Grund dafür ist auch, dass die Putschisten fast alle unabhängigen Medien abgeschaltet haben.

Cesar Ham war maßgeblich an der Organisation einer Volksabstimmung beteiligt, mit der die Menschen in Honduras am Sonntag über die Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung Ende des Jahres entscheiden sollten. Vertreter der Oberschicht, Teile der Militärführung und zuletzt auch der oppositionell organisierte Oberste Gerichtshof hatten sich gegen das Vorhaben ausgesprochen. Sie befürchteten eine Anpassung des politischen Systems an die anti-neoliberal orientierten Regierungen in Venezuela, Bolivien und Ecuador. Als Zelaya die Volksbefragung mit Hilfe tausender Anhänger dennoch durchführen wollte, erhob sich die Militärführung gegen ihn. Inzwischen wurde der Politiker der Liberalen Partei Honduras, die - wie auch die deutsche FDP - Mitglied in der Liberalen Internationalen ist, nach Costa Rica deportiert. Auch Außenministerin Patricia Rodas wurde inzwischen nach Mexiko abgeschoben.

Ein anderer Vertreter der Partei der Demokratischen Einheit, Tomas Andino Mencias, berichtete gegenüber der venezolanischen Nachrichtenagentur ABN von repressiven Maßnahmen gegen Vertreter seiner Partei. So sei kein Vertreter des gewählten Präsidenten Manuel Zelaya im Kongress anwesend gewesen, als dessen Vorsitzender Roberto Micheletti zum "Interimspräsidenten" ernannt wurde. Mehrere Abgeordnete seien bei dem Versuch, in das Parlamentsgebäude zu gelangen, von Soldaten festgenommen worden, hieß es in anderen Berichten.

Eine erste Reaktion aus dem deutschen Parteienspektrum stammt von der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung (FNS). Deren Regionaldirektor Christian Lüth veröffentlichte noch am Sonntag in der honduranischen Hauptstadt Tegucigalpa einen "Bericht aus aktuellem Anlass" mit dem Titel Mehr Täter als Opfer. Nach Lüths Darstellung trägt Zelaya nicht nur eine Mitschuld an der Entwicklung. "Im Gegenteil", schreibt der deutsche Stiftungsvertreter: "Seit Monaten provozierte der Präsident die Legislative und die staatlichen Institutionen ...". Lüth schreibt von einer "illegalen Volksbefragung" und "trotzig-provokanten Reaktionen" des gestürzten Staatschefs. All dies habe den Putschisten letztlich "keine andere Wahl" gelassen. Während der Staatsstreich international - auch in den USA und in der EU - auf entschiedene Kritik stieß, lobt der Vertreter der "Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit" die "Rückkehr zu Rechtsstaat und zu Verfassungsmäßigkeit" durch einen Militärputsch in Honduras.

Zelaya selbst kam in der Nacht zum Montag in Managua mit den Präsidenten von Venezuela, Ecuador und Nicaragua zusammen. Aus diesen drei Mitgliedsstaaten des linksgerichteten Staatenbündnisses Bolivarische Allianz für Amerika (ALBA) bekam Zelaya Rückendeckung. Venezuelas Staatschef Hugo Chávez prognostizierte ein Scheitern des Putsches, weil die zivil-militärische Junta von demokratischen Kräften "eingekreist" sei. Zugleich warnte Chávez davor, dass die Putschisten ihre Macht festigen. Ecuadors Staatschef Rafael Correa rief Bevölkerung und Militär in Honduras zur Rebellion gegen die Putsch0isten auf. Kubas Außenminister Bruno Rodríguez schloss indes Verhandlungen mit der Junta kategorisch aus. Im Laufe des Montags wollen die ALBA-Staaten weitere Maßnahmen gegen die Junta in Honduras verkünden.


Den Originaltext des Onlinemagazins Telepolis finden Sie hier.