Honduras / Deutschland

Für eine Rückkehr des Staatspräsidenten Zelaya

Debatte im Deutschen Bundestag zum Militärputsch in Honduras

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Für eine Rückkehr des Staatspräsidenten Zelaya
Debattierte Lage in Honduras: Deutscher Bundestag

Berlin. Am Mittwochnachmittag setzte die Linksfraktion die Lage in Honduras auf die Agenda im Bundestag. Vor allem die Abgeordnete Heike Hänsel drängte auf Solidarität der deutschen Regierung mit der gewählten Staatsführung von Präsident Manuel Zelaya.

Sevim Dağdelen, ebenfalls Abgeordnete der Linken, brachte die Rolle der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung zur Sprache - zum Unmut der liberalen Parlamentskollegen.

Amerika21.de dokumentiert die Debatte mit den Antworten des Staatsministers im Auswärtigen Amt, Gernot Erler, und mit den Zwischenrufen aus dem FDP-Lager.


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Zu Beginn der Fragestunde rufe ich gemäß Nr. 10 Abs. 2 der Richtlinien für die Fragestunde die dringliche Frage auf Drucksache 16/13594 der Abgeordneten Heike Hänsel auf:

In welcher Weise engagiert sich die Bundesregierung dafür, dass in Honduras der rechtmäßige Präsident Manuel Zelaya wieder in sein Amt eingesetzt wird?

Die dringliche Frage beantwortet Herr Staatsminister Dr. Gernot Erler. Bitte schön, Herr Staatsminister.

Dr. h. c. Gernot Erler, Staatsminister im Auswärtigen Amt:

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Kollegin Hänsel, meine Antwort lautet wie folgt: Die Bundesregierung hat sowohl bilateral als auch im Rahmen der Europäischen Union und der Vereinten Nationen die Verhaftung und Exilierung des demokratisch gewählten Präsidenten von Honduras, Manuel Zelaya Rosales, als inakzeptable Verletzung der verfassungsmäßigen Ordnung in Honduras verurteilt. Sie fordert alle Beteiligten dazu auf, auf friedlichem Wege den Dialog zu suchen und eine Lösung zu finden, die der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gerecht wird. Die Bundesregierung begrüßt die Vermittlungsbemühungen aus der Region, insbesondere die der Organisation Amerikanischer Staaten, über die Rückkehr des Staatspräsidenten Manuel Zelaya nach Honduras und seine Wiedereinsetzung zu verhandeln.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Ihre Zusatzfragen, bitte.

Heike Hänsel (DIE LINKE):

Danke, Herr Staatssekretär. - Ich denke, die nächsten Tage sind wirklich dafür entscheidend, dass der demokratisch gewählte Präsident wieder in das Amt zurückkommt. Er hat seine Rückkehr angekündigt. Gleichzeitig gibt es aber auch die Ankündigung der Putschisten, ihn zu verhaften, wenn er das Land betritt. Es gibt in der Region eine Initiative, ihm Begleitschutz zu gewähren. Was können Sie über die Verurteilung dieses Putsches hinaus konkret machen, um den Präsidenten bei seiner Rückkehr zu schützen? Aus Spanien kommt der Aufruf, seitens der Europäischen Union mehr Druck auszuüben, etwa indem Botschafter abgezogen werden. Was könnten Sie konkret tun - außer Verlautbarungen abzugeben -, um die Rückkehr des Präsidenten zu garantieren?

Dr. h. c. Gernot Erler, Staatsminister im Auswärtigen Amt:

Frau Kollegin Hänsel, wir stellen fest, dass es eine sehr breite internationale Unterstützung für den Präsidenten Zelaya gibt. Wie Sie wissen, hat er gestern vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen gesprochen. Dort wurde eine - was nicht häufig vorkommt - einstimmige Resolution zu seinen Gunsten verabschiedet. Die regionalen Organisationen von Zentralamerika und von Südamerika unterstützen dies ebenso wie die amerikanische Regierung. Sie haben hier eben die Bemühungen der EU angesprochen. Übrigens wird es in Brüssel heute Nachmittag eine Beratung zu dem spanischen Vorschlag geben, unter Umständen Botschafter zurückzuziehen. Was unsere Position angeht, haben wir Druck ausgeübt, indem wir gesagt haben: Wir werden im Augenblick auf keinen Fall die Assoziationsverhandlungen mit den Vertretern Zentralamerikas - Honduras ist Mitglied der entsprechenden Organisationen - fortsetzen. Wir werden diese Verhandlungen erst fortführen, wenn in Honduras wieder verfassungsmäßige Zustände herrschen. Auch was die bilateralen Beziehungen angeht - Sie wissen, dass Honduras einer der wichtigsten Empfänger deutscher Entwicklungshilfe ist -, werden wir uns auf bereits angelaufene Programme beschränken, die der Bevölkerung direkt dienen. Wir werden aber keine neuen Projekte verabreden und jeden Kontakt mit den jetzigen Ministerien vermeiden. - Ich glaube, das ist eine angemessene Reaktion.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Sie haben noch eine Zusatzfrage.

Heike Hänsel (DIE LINKE):

Meine zweite Zusatzfrage bezieht sich auf die Unterstützung für bestimmte soziale Gruppen, insbesondere für die Anhänger und Anhängerinnen von Präsident Zelaya vor Ort. Es gibt schon jetzt viele Verfolgungen, auch Verhaftungen. Zum Beispiel sind die Aktivistinnen und Aktivisten der internationalen Organisation Via Campesina mehr oder weniger in den Untergrund gegangen, um sich zu schützen; diese Aktivisten setzen sich für eine soziale Politik in Honduras ein. Wie können Sie diesen Menschen konkret vor Ort Schutz anbieten? Wäre es zum Beispiel möglich, ihnen die deutsche Botschaft zu öffnen?

Dr. h. c. Gernot Erler, Staatsminister im Auswärtigen Amt:

Uns liegen sehr unterschiedliche Nachrichten aus Honduras vor, Frau Kollegin Hänsel, auch darüber, dass es im Augenblick etwas chaotische Verhältnisse gibt. Es hat Demonstrationen und auch Gewalt gegen Demonstranten gegeben. Allerdings sind mir persönlich keine Einzelfälle bekannt, in denen eine direkte Nothilfe oder Ähnliches notwendig ist. Sie können sicher sein, dass die Gemeinschaft der diplomatischen Vertretungen in Tegucigalpa alles Notwendige tun wird, um in solchen Notfällen zu helfen.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Frau Kollegin Dağdelen.

Sevim Dağdelen (DIE LINKE):

Vielen Dank. - Lieber Herr Erler, Sie haben bei der Beantwortung der dringlichen Frage den Putsch verurteilt und dem demokratisch legitimierten Präsidenten Zelaya Unterstützung dafür zugesagt, dass er in sein Land zurückkehren kann. In diesem Zusammenhang möchte ich gerne wissen, wie es die Bundesregierung bewertet, dass eine deutsche Stiftung, nämlich die FDP nahe Friedrich-Naumann-Stiftung, dem gestürzten Präsidenten eine Mitschuld an der Situation in Honduras zuschiebt, den Militärputsch verharmlost und ihn auch gerechtfertigt hat.

(Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Das ist ja unglaublich!)

Kann die Bundesregierung hinnehmen, dass ein demokratisch legitimierter Präsident gestürzt wird? Inwieweit gedenkt die Bundesregierung Konsequenzen zu ziehen, wenn sich eine politische Stiftung, die letztendlich auch mit Steuergeldern finanziert wird, so äußert?

Dr. h. c. Gernot Erler, Staatsminister im Auswärtigen Amt:

Frau Kollegin, ich unterstreiche noch einmal die von mir hier dargelegte Position der Bundesregierung zu diesen unrechtmäßigen Vorgängen in Honduras, die auch in einer Erklärung des deutschen Außenministers Frank-Walter Steinmeier am 29. Juni zum Ausdruck gekommen ist. Mir sind die Äußerungen, die Sie zitiert haben, nicht bekannt.

(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Die kann ich Ihnen zuschicken! - Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Und auch nicht belegt!)

In Deutschland herrscht bezüglich der Bewertung von aktuellen Vorgängen eine sehr ausgedehnte Meinungsfreiheit, worüber ich wirklich froh bin. Insofern ist es nicht meine Angelegenheit als Vertreter der Bundesregierung, hier irgendwelche Einzeläußerungen, die ich auch gar nicht kenne, zu kommentieren.

(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Das sind keine Einzeläußerungen! Das ist eine Äußerung von der Stiftung!)