Venezuela

Reiche beklauen Reiche

Venezuela übernimmt Kontrolle über Filiale der Stanford-Bank

Caracas. Die venezolanische Regierung hat die Kontrolle über die Standford Bank Venezuela übernommen. Dieser Schritt erfolgte, nachdem die US-amerikanische Bundespolizei FBI gegen den Inhaber der Privatbank, Sir Richard Allen Stanford, in den USA wegen Betrugs ermittelt. Aufgebrachte Venezolaner stürmten daraufhin die Geldautomaten und Büros des Geldinstituts. Die Stanford-Bank unterhält 15 Filialen in Venezuela. Nach Bekanntwerden des Skandals tauchte der Inhaber unter. Am Donnerstag wollen ihn FBI-Fahnder in Florida lokalisiert haben.

Die Ermittler werfen dem Banker vor, dass er acht Milliarden US-Dollar veruntreut haben soll. Seine Kunden stammen vorwiegend aus den Oligarchien, die in den USA, Lateinamerika und in der Karibik heimisch sind. Stanford lockte sie mit zweistelligen Renditeversprechen, die er aber nicht einhalten konnte. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung meldete in ihrer Freitagsausgabe, dass reiche Venezolaner etwa 2,5 Milliarden US-Dollar bei der Stanford-Bank liegen haben sollen. Der texanische Multimilliardär schaffte es, mit pompösem Auftreten und mittels seines Adelstitel sich des Vertrauens des lateinamerikanischen Jet-Sets zu versichern. Letzteres wurde anscheinend auch dann nicht misstrauisch, als an der Wall Street der Betrugsfall des Ex-Brokers Bernard Madoff publik wurde. Dieser soll 50 Milliarden US-Dollar veruntreut haben. Das FBI prüft außerdem noch, ob Stanford für die mexikanische Drogenmafia Geld gewaschen hat.

Venezuelas Finanzminister, Alí Rodríguez Araque, teilte am Donnerstag mit, dass man die US-Behörden um Informationen über den wirtschaftlichen Zustand der Stanford-Bank gebeten habe. Des Weiteren trat er Meldungen entgegen, wonach der Bank-Skandal Folgen für die venezolanische Wirtschaft haben könnte, da sie dort keine größere Rolle spielte. Stattdessen ergibt sich der Eindruck, wonach reiche Venezolaner über die Stanford-Bank schon seit mehreren Jahren ihr Kapital ins Ausland fließen liessen. So soll deren Filiale auf der Karibikinsel Antigua 300 Millionen US-Dollar venezolanischer Herkunft verwalten. Der Superintendent des venezolanischen Bankenwesens, Edgar Hernández, riet seinen Landsleuten, sie sollten ihre Gelder besser in Venezuela anlegen. Die Kapitalflucht gehört seit jeher zum Wirtschaftsgebahren der venezolanischen Oligarchie, auch wenn ausländische Medien sie ausschließlich mit der Regierung Chávez und deren sozialistischer Politik verbinden.