Venezuela

Globale Medienphalanx gegen Venezuela

Wall Street Journal, El País und Die Welt führen Kampagne gegen Hugo Chávez an

New York, Madrid, Hamburg. Die neoliberalen Gegner der bolivarianischen Revolution haben eine weltweite Medienkampagne gegen Venezuelas Präsidenten Hugo Chávez gestartet. Sie behaupten, der Staatschef habe die linke Guerilla der "Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens" (FARC) personell, finanziell und militärisch unterstützt. Die Vorwürfe sind nicht neu: sie wurden bereits vor einigen Wochen von kolumbianischen Medien gestreut, verfehlten aber ihre Wirkung auf die lateinamerikanische Öffentlichkeit. Jetzt helfen ihnen drei einflussreiche Medien des Nordens. Das Ziel der transatlantischen Medienkampagne ist, Chávez als "Unterstützer des Internationalen Terrorismus und des Drogenhandels" darzustellen. Sie fußt erneut auf angeblichen "Beweisen", die vom Laptop des am 1. März getöteten FARC-Kommandanten Raúl Reyes stammen sollen. Die Beweiskraft der "Dokumente" ist äußerst schwach.

Den Auftakt zu der Kampagne machte am Freitag, den 9. Mai, das New Yorker Wall Street Journal. Das Blatt gibt an, es habe in Kolumbien "100 Dokumente" einsehen können, die den Schluß zu lassen: "Chávez half den kolumbianischen Rebellen". Das WSJ wirft Chávez vor, die FARC mit Boden-Luft-Rakten ausrüsten zu wollen. Demnach sollten die Guerrilleros in den Mittleren Osten entsendet werden, um dort den korrekten Gebrauch der Waffen zu erlernen.

Die venezolanische Regierung bezeichnet alle Informationen, die von Reyes' Laptop stammen sollen, als Fälschungen. Erst kürzlich haben 25 US-Wissenschaftler nach Auswertung der bisher veröffentlichten "Reyes-Dokumente" festgestellt, daß die Regierung in Bogotá deren Inhalt "wesentlich übertrieben hat". Zum selben Schluss kam der Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), José Miguel Insulza, bereits am 10. April 2008 : "Es gibt keine entsprechenden Beweise und bislang hat kein Mitgliedsstaat der OAS - auch nicht die USA - entsprechende Beweise vorgelegt".

Den gescholtenen USA kam am 10. Mai Spaniens führende Tageszeitung El Pais zu Hilfe: "Die FARC-Papiere klagen Chávez an". Um die Behauptungen ihrer Sonderkorrespondentin Maite Rico zu untermauern, stellte das Madrider Blatt ein sechsseitiges "Dokument" zum Download bereit. Es handelt es sich um den Computer-Ausdruck mehrer angeblicher Berichte an den FARC-Chef Manuel Marulanda, deren Echtheit nicht nachprüfbar ist. Stünde dort anstelle von Chávez der Name Zapatero, und ließe sich statt des FARC-Bezugs eine Verbindung zur baskischen ETA herstellen, kein spanisches Medium würde es wagen, so ein Papier als "Beweis" zu präsentieren. Nicht so El País, die mit diesem Vorgehen ihre seit 1999 andauernden Angriffe gegen Chávez eine neue Qualität gegeben hat. Am 11. Mai setzte das Printmedium seine Serie zur angeblichen FARC-Chávez-Connection fort. Diesmal ging es, um die "geheimen Zellen", mit denen die Guerilla ihre internationale Arbeit ausweiten will. Reyes' Dokumente gäben Hinweise auf 17 Länder, fabuliert El País weiter, darunter auch Deutschland. Als Koordinierungsgremium nannten die Madrider Blattmacher die Coordinadora Continental Bolivariana (CBB).

Die Schwäche der Indizien versucht El País dadurch wettzumachen, dass sie mit Maite Rico eine international bekannte Journalistin nach Bogotá entsandt hat. Die "Enviada Especial" tat sich mit ihrem französischen Kollegen Bertrand de la Grange hervor, als sie 2007 versuchten zu beweisen, dass die Rückführung der Gebeine des Ches nach Kuba eine reine Propagandaaktion von Fidel Castro gewesen sein soll. Rico kommt also immer dann zum Einsatz, wenn es darum geht, linken lateinamerikanischen Regierungen in die Parade zu fahren. Offenbar befürchtet man zwischen Bogotá, Washington und Madrid, dass es Chávez doch noch gelingen könnte, die wichtigste FARC-Gefangene, Ingrid Betancourt, frei zu bekommen. Das würde sein internationales Prestige steigern. Dem möchte man mit einer entsprechenden Pressekampagne entgegenarbeiten.

Dazu trägt auch die deutsche Zeitung Die Welt ihr Scherflein bei. Im rechten Springer-Blatt fragte dessen Lateinamerika-Expertin Hildegard Stausberg am 10. Mai: "Wäscht die weißrussische Regierung Drogengelder für Venezuela?" Die rhetorische Frage basiert auf "Beschuldigungen" des ehemaligen polnischen Botschafters in Minsk, Mariusz Maszkiewicz. Darin verwickelt seien die staatlichen Ölkonzerne der beiden Länder. Weiter schreibt Stausberg: "Dabei verdichten sich Hinweise, dass Chávez über diese Kanäle auch Geldwäsche betreiben ließ für die Drogengelder der kolumbianischen Farc-Guerilla." Auch hier gibt es also keine Beweise, sondern nur Indizien. Maszkiewicz nahm 2006 an Demonstrationen gegen die Wiederwahl des weißrussischen Staatspräsidenten Alexander Lukaschenko in Minsk teil und wurde deswegen verhaftet.

Nach den Pfingstfeiertagen dürften weitere Medien auf diese Kampagne einsteigen. Neben dem direkten Angriff auf Chávez soll sie wohl auch die Europäische Union in Frontstellung zu den linken Regierungen Lateinamerikas und Karibik bringen, kurz bevor am 16.-17. Mai in Lima (Peru) das nächste Gipfeltreffen zwischen beiden Regionen stattfinden wird.