Amerikas

Hat Uribe gelogen?

Experten finden keine Beweise, die eine Verbindung der FARC zu Ecuador und Venezuela belegen

Guayaquil. 25 US-amerikanische Wissenschaftler stellen fest, dass die Daten auf dem Laptop des getöteten FARC-Kommandanten Raúl Reyes keine Verbindung zu ecuadorianischen Stellen belegen. Das berichtet der ecuadorianische Radiosender CRE Satelital am Sonntag (27.4.2008).

Reyes war die Nummer 2 der linken Guerilla "Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens" (FARC). Er starb am 1. März 2008, als die kolumbianische Armee mit US-Unterstützung ihr Lager auf ecuadorianischem Territorium angriff. Bei der Kommandoaktion will Bogotá mehrere Laptops sichergestellt haben. Aus dieser Quelle labte Kolumbiens Präsident Álvaro Uribe alle möglichen Vorurteile, vor allem die gegen seine linken Amtskollegen in den Nachbarländern Ecuador und Venezuela, Rafael Correa und Hugo Chávez. Die New York Times berichtete am 30. März von einer Verbindung Venezuela-FARC-Ecuador. Laut kolumbianischen Quellen soll der Führer der Bolivarianischen Revolution versucht haben, der Guerilla 300 Millionen US-Dollar zukommen zu lassen. Ähnliches wurde über Correa behauptet. Die rechte spanische Tageszeitung ABC berichtete am 8. März, die Computerdaten würden eine Verbindung zwischen der Untergrundorganisation Euskadi Ta Askatasuna (ETA, Baskenland und Freiheit) und der FARC belegen.

Angesichts dieser massiven Pressekampagne keimten Zweifel am Wahrheitsgehalt der verbreiteten Informationen auf. Uribe übergab daraufhin die Computer der Interpol, damit die Fachleute der internationalen Polizeibehörde die Echtheit der Daten überprüften. Das Ergebnis wird für Ende der Woche erwartet.

In der Zwischenzeit haben 25 Wissenschaftler, die bisher veröffentlichen Dokumente analysiert, die Reyes zugeschrieben werden. Dort spricht der Guerilla-Führer zwar in einem Schreiben an die FARC-Führung von 300, aber aus dem Kontext lässt sich nicht erschliessen, ob es sich dabei um die Millionen US-Dollar oder um Geiseln handelt. Des weiteren ist die "Ángel" (Engel) genannte Person nicht identisch mit Chávez, da beide Personen mehrmals gleichzeitig im selben Absatz genannt würden.

Die Kritik der 25 Akademiker unterstützt das Resüme des Generalsekretärs der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), José Miguel Insulza, der bereits am 10. April 2008 feststellte: "Es gibt keine entsprechenden Beweise und bislang hat kein Mitgliedsstaat der OAS - auch nicht die USA - entsprechende Beweise vorgelegt".

Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass die kolumbianische Regierung den Inhalt der Dokumente "wesentlich übertrieben hat". An die Medien gewandt, die über den Interpol-Bericht informieren werden, sagen sie: "Jegliche Medienberichterstattung über die Funde von Interpol sollte klar machen, dass viele der kolumbianischen Anschuldigungen sich bereits in weiten Teilen als unglaubwürdig erwiesen haben".