Venezuela

Bedeutender Sieg mit Risiko

Verfassungsänderung angenommen: ein wichtiger aber auch riskanter Erfolg für Venezuela und für den Sozialismus

Zehn Prozentpunkte Vorsprung (55 zu 45 Prozent) erreichten Venezuelas Präsident Hugo Chávez und seine Bewegung im Referendum über eine Änderung der venezolanischen Verfassung, die nun einen erneuten Antritt von Chávez für das Präsidentenamt im Jahr 2012 möglich macht. Dieser deutliche Sieg am Sonntag, den 15.02.2009, bedeutet einen wichtigen Erfolg für die Bemühungen, in dem lateinamerikanischen Ölförderstaat einen Sozialismus aufzubauen. Chávez und seine Unterstützer sollten jedoch bedenken, dass dieser Sieg mit einem gewissen Grad an Risiko behaftet ist, da er die Abhängigkeit der Bolivarischen Bewegung von ihrem charismatischen Anführer erhöht. In anderen Worten: auch wenn Chávez heute der größte Garant für Sozialismus und einen progressiven sozialen Wandel in Venezuela ist, so hat der Sieg bei diesem Referendum die Abhängigkeit der Bewegung von ihm verstärkt. Diese Abhängigkeit ist die Achillesferse der Bewegung.

Aber bevor wir die Konsequenzen und die Bedeutung dieses Wahlergebnisses für Venezuela und das sozialistische Projekt untersuchen können, macht es Sinn zuerst kurz die Argumentation zu dem Vorhaben der Streichung von Kandidaturbegrenzungen im Allgemeinen und in dem spezifischen Fall von Venezuela zu betrachten.

Im Allgemeinen: Amtszeitbegrenzungen - Gut oder schlecht?

Dieses Prinzip ist eine der wenigen Angelegenheiten, bei denen sich die Meinungen dazu nicht klar in das Links-Rechts Schema einordnen lassen. Manchmal ist es beispielsweise fortschrittlich, Amtszeitbegrenzungen zu verteidigen, wenn Konkurrenten von Amtsinhabern kaum zu überwindenden Hindernissen gegenüber stehen. Insbesondere bei Wahlen zum US-Kongress und den Regionalparlamenten in den USA haben Amtsinhaber massive Vorteile bei der Finanzmittelbeschaffung gegenüber ihren nicht amtierenden Mitbewerbern. In diesem Fall, so das Argument, würde die Möglichkeit, dass Abgeordnete unbegrenzt kandidieren dürften, den Status Quo festigen und einen progressiven Wandel sehr schwierig machen. In den Vereinigten Staaten hat historisch betrachtet die übergroße Mehrheit der Amtsinhaber ihre Wiederwahl gewonnen.

Die bekannteste Amtszeitbegrenzung ist wohl die für das US-Präsidentenamt. Der Amtsinhaber kann nur für eine weitere Amtszeit kandidieren, also maximal zwei Legislaturperioden in Folge amtieren. Diese Vorschrift wurde im Jahr 1951 von den Republikanern eingeführt, um längere Amtszeiten wie die des Demokraten Franklin Roosevelt zu verhindern. Dieser war drei Mal wiedergewählt worden und amtierte von 1933 bis zu seinem Tode 1945.

In anderen Worten: Die Argumentation für Amtszeitbegrenzungen schneidet beide Wege ab. Auf der einen Seite wird gesagt, keine Begrenzungen zu haben, mache einen benötigten Wechsel schwieriger, da Langzeit-Mandatsträger Macht anhäuften. Auf der anderen Seite können diese Begrenzungen als Hindernis für notwendigen politischen Wechsel gesehen werden, der längere Zeit benötigt. Es erzwingt einen Wechsel an der Spitze zu einer Zeit, zu der das politische Projekt des Amtsinhabers möglicherweise nicht abgeschlossen ist (wie bei dem Sprichwort "Man wechselt das Pferd nicht mitten im Rennen"). Außerdem fügen einige an, dass es demokratischer ist, die Bürger entscheiden zu lassen, ob sie einen seit längerer Zeit Regierenden weiter im Amt sehen wollen, statt Mandatsträger mit einer künstlich festgelegten Amtszeitbegrenzung aus dem Amt zu zwingen.

Im Fall von Venezuela argumentieren die Unterstützer von Hugo Chávez, dass er mehr als zwei Legislaturperioden im Amt sein solle, da die Bolivarische Revolution ein Langzeit-Projekt darstellt und Chávez die beste Führungsperson sei, um dieses Projekt zum Abschluss zu bringen. Schon als Chávez im Jahr 1998 das erste Mal gewählt wurde, betonte er, dass es ungefähr 20 Jahre dauern werde, um die Bolivarische Revolution abzuschließen. Als die Bolivarische Verfassung 1999 konzipiert wurde, favorisierte er deshalb eine siebenjährige Amtsperiode für den Präsidenten (wie es zum Beispiel in Frankreich der Fall ist) und mindestens eine Wiederwahlmöglichkeit. Die Mitglieder der Verfassungsgebenden Versammlung überzeugten Chávez schließlich, eine sechsjährige Präsidentschaft mit einmaliger Wiederwahlmöglichkeit zu akzeptieren.

Bedauernswerterweise war die jetzige Debatte in Venezuela über Amtszeitbegrenzungen völlig verzerrt. Anstatt die Vor- und Nachteile der Regelung zu diskutieren, versuchte die Opposition den Menschen glauben zu machen, dass die angestrebte Verfassungsänderung in Wirklichkeit darum ging, ob Chávez "Präsident auf Lebenszeit" werden könnte und dass das Änderungsverfahren die venezolanische Verfassung verletze [1]. Unterdessen präsentierten die Chávez-Unterstützer das Vorhaben als ein Projekt, bei dem nur das "Recht der Bürger frei auszuwählen" erweitert werden solle - wen auch immer sie in einem Amt haben wollten, ohne die Einschränkung durch eine Amtszeitbegrenzung. Die Unterstützer des Vorhabens sprachen praktisch niemals die Gefahr an, dass mehrere Amtszeiten hintereinander zu einer Machtanhäufung führen könnte und zu einem Missbrauch der Vorteile des Mandats für die eigene Wiederwahl.

Im venezolanischen Konflikt gibt es solche Vorteilsnahme - auf beiden Seiten. Medienbesitzer und Wohlhabende unterliegen wenigen Beschränkungen für Wahlwerbung und die Regierung demgegenüber hat gelernt, eigene Vorteile zur Kompensation zu nutzen (einen Vorwurf, den die Opposition massiv übertrieb).

Wenn die Opposition es fertig gebracht hätte, sich auf den wahren Sachverhalt zu konzentrieren, wären die Unterstützer der Verfassungsänderung gezwungen gewesen, auf das Argument eingehen zu müssen und Venezuela hätte eine seriösere Debatte über die Vor- und Nachteile von Amtszeitbegrenzungen erlebt. Als Ergebnis hätte eine bessere gesetzliche Regelung erreicht werden können, die sowohl Schutzmechanismen gegen das Ausnutzen eines Mandates und dessen Infrastruktur zur Erreichung einer Widerwahl enthalten hätte können, wie auch eine bessere Gesetzgebung zur Einschränkung von Vorteilen, die die Wohlhabenden und Besitzer von Privatmedien nutzen, wenn Menschen aus ihren Reihen für ein Amt zugunsten der Wohlhabenden kandidieren.

Im Speziellen: Abschaffung der Begrenzung auf zwei Amtszeiten für Chávez

Neben den allgemeinen Argumenten für und gegen Amtszeitbegrenzungen: warum sollte konkret die Begrenzung auf zwei Amtszeiten für Präsident Hugo Chávez abgeschafft werden? Der Hauptgrund ist, dass das Bolivarische Projekt Chávez braucht, um es fortzuführen und auch abzuschließen. Zum Einen ist er der einzige unbestrittene Anführer, der bisher bewiesen hat, die notorisch zerstrittene Koalition der radikalen Linken und der fortschrittlichen Kräfte in Venezuela einen zu können.

Zum Zweiten hatte die Chávez-Regierung noch nicht ausreichend Zeit ihre Vision vom "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" (auch bekannt als "bolivarischer Sozialismus" oder "sozialistische Demokratie") zu verwirklichen, auch wenn die bisherigen zehn Jahre Amtszeit von Chávez sehr lange wirken. Doch das chavistische Regierungsprogramm hatte keinen guten Start, da ihm die vehemente und oft gewalttätige Opposition gegenüberstand. Erst als im Jahr 2005 die Opposition in Venezuela am Boden lag [2], machte sich Chávez Sozialismus und Antikapitalismus zu eigen. Daher wurde das bolivarische sozialistische Projekt frühestens seit 2006 ernsthaft verfolgt. Das sind gerade einmal drei Jahre bis heute.

Dazu kommt, dass Chávez ein Mandat zum Aufbau des Sozialismus des 21. Jahrhunderts hat, da er die Präsidentenwahl im Dezember 2006 mit 63 Prozent der Stimmen gewann und im Wahlkampf angekündigt hatte den Sozialismus des 21. Jahrhunderts etablieren zu wollen. Allerdings erlitt das Projekt im Dezember 2007 einen bedeutenden Rückschlag, als Chávez das Referendum über eine Verfassungsreform knapp verlor. Die Reform hätte die verfassungsrechtliche Grundlage für sein sozialistisches Projekt sein sollen. Zum Großteil war die damalige Niederlage selbstverschuldet: denn der Reformvorschlag war verwirrend, die Kampagne schlecht durchgeführt und viele Wähler hatten den Eindruck, dass zu viele Alltagsprobleme ungelöst blieben, für die eine Verfassungsreform nicht notwendig gewesen wäre. Nichtsdestotrotz bat Chávez nun die venezolanische Bevölkerung um mehr Zeit und eine Mehrheit der Venezolaner hat sich einverstanden erklärt, ihm diese Zeit zu geben.

Was der Sieg bedeutet

Wenn also Chávez dafür wichtig ist, das bolivarische Projekt voranzubringen und zu vollenden, dann ist der Sieg vom 15. Februar extrem wichtig für Venezuela und zudem dafür, eine wirklich fortschrittliche Alternative zur vorherrschenden kapitalistischen Demokratie zu schaffen. Wie der Soziologe Max Weber vor knapp hundert Jahren ausführte, gibt es Zeiten, in denen charismatische Führer notwendig sind, um die verknöcherten sozialen Institutionen zu durchbrechen, um etwas Neues zu schaffen. In anderen Worten - Weber zu folge - ist charismatische Autorität oft der einzige Weg, um alte Institutionen verändern zu können. Als Beispiele für diesen Typ von charismatischer Führung könnten Lenin, Mao, Gandhi, Martin Luther King oder Nelson Mandela genannt werden. Das soll aber nicht heißen, dass Chávez mit diesen Persönlichkeiten auf jede Art und Weise gleichgestellt ist, aber er ist wahrscheinlich auf Augenhöhe mit ihnen in Bezug auf seine Fähigkeit zu führen und zu inspirieren. Und eine solche Führung sollte nicht gekappt werden, wenn ein Volk demokratisch entscheidet, dass die Nachteile eine solche Führung zu verlieren, den möglichen Nutzen Amtszeitbegrenzungen zu erhalten, überwiegen.

Der Sieg beim Referendum wird umso bedeutender, wenn wir berücksichtigen, dass die Welt sich derzeit in einem Prozess befindet, bei dem sie in die schlimmste Wirtschaftskrise seit der großen Depression vor 80 Jahren eintritt. Damals wünschten sich die Menschen inständig eine Alternative zum Kapitalismus und es gibt keinen Grund zu glauben, dass eine vergleichbare Entwicklung nicht auch heutzutage wieder stattfinden wird. Machbare Alternativen zum Kapitalismus, ob benannt als Sozialismus des 21. Jahrhunderts oder unter einem anderen Namen, werden bedeutender als jemals zuvor. Mit allen Vor- und Nachteilen, Chávez hat sich zu einer der wenigen Führungspersönlichkeiten in der heutigen Welt entwickelt, die einen Weg in Richtung dieser Alternative formen.

Auch wenn dies im Weltmaßstab richtig sein mag, birgt der Wahlerfolg von Chávez eine inhärente Gefahr für die Bolivarische Bewegung. Gerade die Abhängigkeit der Bolivarischen Bewegung von Chávez ist gleichsam ihre größte Stärke wie auch eine ihrer bedeutendsten Schwachstellen. Die Abhängigkeit ist eine Stärke in der schon angesprochenen Weise, dass Chávez eine Bewegung eint, die sonst äußerst zersplittert wäre. Aber es ist auch eine Schwäche, da eine solche Abhängigkeit die Bewegung anfällig macht. Zum einen würde die Bewegung wahrscheinlich umgehend in ihre Einzelteile zerfallen, sollte Chávez etwas zustoßen. Andererseits wird Kritik an der Führungsfigur immer schwieriger, da die Kritik schnell droht, die Stabilität der Bewegung und ihre Hauptkraft dahinter zu untergraben. Als Ergebnis wird zwar eine Debatte in der Bewegung möglich, doch nur so lange wie sie nicht die Entscheidungen oder Meinungen der Führungsperson in Frage stellt. Dadurch wird Selbstkritik in der Bewegung schwieriger und erhöht die Gefahr, Fehler zu machen.

Aufgaben für die nächste Periode

Eine der ersten Aufgaben für die Boliviarische Bewegung ist nun, die Entwicklung der Sozialistischen Partei Venezuelas (PSUV) weiter voranzutreiben, so dass die Bewegung weniger abhängig von Chávez wird - und damit stabiler - und außerdem offener für breit gefächerte Debatten. Das bedeutet zu aller erst den Aufbau von alternativen Führungspersönlichkeiten sowie die Stärkung der Parteistrukturen, so dass die gesamte Partei mehr bewegungsgestützt als anführerabhängig wird.

Der Sieg im Referendum hat den Zeithorizont für diese Aufgaben vergrößert, denn mit der Begrenzung auf zwei Amtszeiten hätte die beschriebene Entwicklung innerhalb der nächsten vier Jahre stattfinden müssen. Gerade diese Verlängerung des Zeithorizonts birgt aber das Risiko, dass die Stärkung der Partei und ein Abbau der Abhängigkeit von Chávez verschoben wird, bis er eine Präsidentenwahl verliert oder ein verlorenes Abberufungsreferendum oder andere Gründe ihn daran hindern, sein Mandat zu erfüllen (etwa ein Mordanschlag).

Zweitens muss die Regierung den Kampf für Sicherheit und gegen die hohen Kriminalitätsraten wesentlich energischer verfolgen, was Chávez selbst in seiner Siegesrede nach der Abstimmung angesprochen hat. In einem kürzlichen Interview mit dem US-Fernsehsender CNN sagte Chávez, dass eine der Gründe warum er die Kriminalitätsbekämpfung nicht mit stärkeren Polizeieinsatz betreibt, ist, dass seiner Meinung nach Kriminalität vor Allem durch Ungleichheit und Armut verursacht wird und dass eine Reduzierung dieser Probleme die Kriminalität senken sollte. Doch auch wenn es ein anerkannter Fakt ist, dass Armut und Kriminalität stark korreliert sind, so ist es auch wahr, dass alle verfügbaren Statistiken ausweisen, dass ein Rückgang der Armut in Venezuela nicht zu einem Rückgang der Kriminalität geführt hat. Stattdessen ist die Kriminalität gestiegen, während Armut und Ungleichheit zurückgingen. In anderen Worten muss die Regierung die Armutsbekämpfung durch andere Maßnahmen ergänzen um die Kriminalität zu verringern. Neben dem Kampf gegen die Kriminalität spielt der Kampf gegen Korruption im Allgemeinen eine große Rolle, wie auch die Notwendigkeit, die Effizienz und Effektivität der staatlichen Institutionen voranzutreiben.

Drittens wird jetzt der echte Test für Chávez' Wirtschaftspolitik kommen. Wie oppositionelle Kritiker anführen [3], kann Chávez in Zeiten niedriger Ölpreise nicht argumentieren, dass die Opposition die ökonomischen Probleme verursacht hat (wie es während des quasi Stillstandes der Ölindustrie 2002/2003 der Fall war). Das bedeutet, dass die Regierung Wege finden muss, ihre Bemühungen zu verstärken, um soziale Gerechtigkeit in einer Zeit mit weniger Ressourcen (da weniger Öl-Einnahmen) zu schaffen. Dies würde möglicherweise bedeuten, dass entweder mehr Schulden gemacht werden, um eine Rezession abzufangen und/oder die Reichen des Landes wesentlich stärker besteuert werden.

Der Vierte noch fehlende Punkt der nächsten Periode ist schließlich die Vertiefung der partizipativen Demokratie gegen den Widerstand der eigenen chavistischen Führenskräfte der mittleren Ebene: Minister, Bürgermeister und Gouverneure. Wenn die "Volksmacht", wie das System der direkten Demokratie der Kommunalen Räte oft genannt wird, das Herz der bolivarischen sozialistischen Demokratie darstellt, dann wird dies die wahre Testumgebung für die Durchführbarkeit einer Alternative zur kapitalistischen Demokratie. Bis jetzt haben die Kommunalen Räte viel erreicht, aber nur in ihren Stadtteilen mit 200 bis 400 Familien. Die große Aufgabe, die Chávez wiederholt angekündigt hat, aber jetzt auch angegangen werden muss, ist, die Strukturen auf eine höhere Ebene zu bringen: bezirksübergreifend und vielleicht sogar schon auf die nationale Ebene. Wie auch immer, viele Beobachter halten es für eine schwierige Aufgabe, da wenige Bürgermeister und Gouverneure bereit sind, Macht aus der Hand zu geben.

Fazit

Wenn Chávez und seine Bewegung es schaffen, diese vier Punkte in den nächsten zwei bis vier Jahren zu bewältigen, dann wird die Zukunft des Bolivarischen Sozialismus gewiss glänzend. Doch auch wenn Chávez dieses Referendum gewonnen hat, wird die nächste Periode sehr kurz werden. Denn wenn die Aufgaben nicht vor Ende 2010 erfolgreich bewältigt sind, dann wird Chávez die reale Möglichkeit gegenüberstehen, dass er seine derzeitige Zweidrittel-Mehrheit in der Nationalversammlung (dem Parlament, d.Red.) verliert, oder vielleicht sogar seine 50 Prozent Mehrheit, was einen verheerender Rückschlag bedeuten würde [4].

Wenn die Sachen sehr falsch laufen würden, wenn beispielsweise aus irgendeinem Grund die Wirtschaft zusammenbrechen würde (dies wirkt nicht wahrscheinlich, aber darf nicht unberücksichtigt bleiben), dann könnte Chávez sich im Jahr 2010 einem Abberufungsreferendum gegenüber sehen, mit dem er sich auseinandersetzen müsste. Sollte er solche Hürden überspringen, dann wird der nächste echte Test die Präsidentschaftswahl Ende 2012.

In anderen Worten: auch wenn der Sieg beim Referendum über die Verfassungsänderung Chávez und seiner Bewegung mehr Zeit zur Vollendung der bolivarischen sozialistischen Revolution verschaffte, muss Chávez in einer relativ kurzen Zeit signifikante Änderungen zum Positiven erreichen, wenn das Projekt auf lange Zeit erfolgreich sein soll. Und auch wenn das Referendum Chávez' Rolle zur Durchführung der notwendigen Änderungen gestärkt hat, hat es auch (paradoxerweise) potentiell die Bolivarische Bewegung geschwächt.


Der Originalartikel erschien am 18.02.2009 in englischer Sprache bei Venezuelanalysis.com und Sie finden ihn hier.

[1] Dieses Argument ist nicht sehr stichhaltig, aber bezog sich auf den Fakt, dass in der 2007 gescheiterten Verfassungsreform bereits der Vorschlag zur Abschaffung der zwei-Amtszeiten-Begrenzung für den Präsidenten enthalten war und die Verfassung verbietet die mehrfache Abstimmung über ein Reformvorhaben in einer Legislaturperiode. Sie unterscheidet aber auch klar zwischen Verfassungsreform ("Reforma") und Verfassungsänderung ("Enmienda"). Letzte unterliegt nicht den für die Reform geltenden Bestimmungen.
[2] Die Opposition wurde beim Putschversuch 2002 militärisch besiegt, ökonomisch bei der Stilllegung der Ölindustrie 2003 und politisch beim Abwahlreferendum 2004 sowie bei den Wahlen zur Nationalversammlung 2005.
[3] Is Hugo Chavez Ready for the Coming Fall? von Francisco Toro, Huffington Post, 29.01.2009
[4] Wenn Venezuela als sehr präsidiales System bezeichnet wird, so wird dabei die eigentliche Bedeutung der Nationalversammlung (Asamblea Nacional, AN) und deren umfangreiche Befugnisse oft vernachlässigt. Die AN bestimmt über den Haushalt, aber kann auch Amtsenthebungsverfahren gegen die meisten Mandatsträger initiieren. Zudem benennt das Parlament die Mitglieder des Wahlrates und juristische Funktionsträger. Es kann jede Gesetzesinitiative des Präsidenten blockieren (Chávez konnte zwar schon per Dekret regieren, dies aber nur, weil die Nationalversammlung es ihm für eine begrenzte Zeit gestattete).